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Gabi Joormann

Willkommen Wolf - ländliche Bevölkerung für strengen Schutz


Hören - „Willkommen Wolf“ war eine gemeinsame Initiative zur Rückkehr des Wolfes, die 2004 vom NABU und dem Volkswagen-Konzern ins Leben gerufen wurde. Für die Projektpartner war es eine echte Herzenssache, das schlechte Image, das dem Wolf nicht zuletzt durch den Grimm´schen Märchenschatz anhaftet, zu verbessern. Gemeinsam setzten sie mit Projekten wie „Der Wolf macht Schule“ auf sachliche Informationen. Die umfangreiche Aufklärungsarbeit mit Plakaten, Broschüren, Flyern, DVDs und eigens komponierten Wolfsliedern war ein Kernziel. Mit der „Tour de Wolf“ wurden Schulklassen durch Dutzende von Wolfsgehegen in ganz Deutschland geführt. An Kitas und in Kindergärten wurden Projekthandbücher inklusive Spiel- und Bastelideen verteilt. Es gab ein Wolfsmobil und im Museumsdorf in der Lausitz wurde eine multimediale Wolfsausstellung untergebracht. Der NABU baute ein Netzwerk von ehrenamtlichen Wolfsbotschaftern auf, als Ansprechpartner vor Ort und im Dialog mit Bauern, Schäfern und Jägern. Kurzum: Ein viel beachtetes Vorzeigeprojekt mit Erfolgskurs war entstanden.


Wolf mit erbeutetem Frischling läuft über den vereisten See
Wolf mit Frischling - Bild: Michael Hamann

Wie sieht es denn nun nach fast 20 Jahren mit dem Wolf aus? Sind die Menschen bereit, mit ihm in friedlicher Koexistenz zu leben? Die Politik möchte aktuell den strengen Schutzstatus der Wölfe senken, aber wie bewertet dies die Bevölkerung? Dazu gibt es eine aktuelle Umfrage in 10 europäischen Ländern [1]. Demnach befürwortet 68 % der ländlichen Bevölkerung den Schutz großer Prädatoren wie Wölfe. „Die Rückkehr der Wölfe in Europa ist ein Grund zum Feiern, nicht zum Fürchten.“ Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen deutlich, dass die Mehrheit der Menschen, die in der Nähe von Wölfen leben, deren Schutzstatus befürwortet und bereit ist, mit ihnen zu koexistieren, auch wenn dies von manch einem anders dargestellt wird. Fundierte Daten und die Anerkennung der Bedeutung der biologischen Vielfalt sollten die Entscheidungen der Europäischen Kommission bestimmen, nicht die Interessen einiger weniger.


Naturschützer wie der Biologe und Verhaltensforscher Kurt Kotrschal sehen in der Rückkehr der Wölfe einen ökologischen Hoffnungsschimmer, denn Wölfe können in freier Natur einen wichtigen Beitrag für die Gesundung der als hoch bewerteten Bestände großer Pflanzenfresser wie Reh und Rothirsch leisten. Wir müssen der Natur wieder mehr Raum geben. Mit Blick auf den Wolf heißt das für den österreichischen Forscher: „Wir müssen lernen, mit ihm und nicht gegen ihn zu leben.“


Der BUND sagt: „Die Hoffnung auf einen „Herdenschutz mit der Waffe“ kann nur scheitern, da sie die Biologie des Wolfes ignoriert. Pauschale Abschussquoten oder Populationsobergrenzen lösen keine Probleme oder verringern keine Konflikte, sondern sie verstetigen oder verstärken Probleme. Es gibt weltweit keinen Nachweis, dass die Zahl von Nutztierrissen durch die Bejagung auf der Basis von festgesetzten Abschussquoten reduziert wird.“ [2]


Was sagt der Präsident des NABU Jörg-Andreas Krüger ganz aktuell zum Wolf? Eine Herabstufung des Schutzstatus sieht er kritisch, weil „das am Problem vorbeigeht (…). Die Frage ist: Wie kriegen wir den Herdenschutz hin? Wir wissen von NRW, dass 65 % der angegriffenen Weidetiere nicht gut geschützt waren, in Niedersachsen sind es über 80 %. Wir müssen die Weidetierhalter dabei unterstützen, dass ihre Tiere vernünftig geschützt sind. Das muss finanziert sein. Wir brauchen natürlich das Mittun der Weidetierhalter und Weidetierhalterinnen. Der Abschuss wäre nur dann eine Lösung, wenn wir Wölfe wieder an den Rand der Ausrottung bringen (…). Der Wolf würde im Ökosystem wieder fehlen, das hat Deutschland international zugesagt, dass man das nicht will. Wir brauchen den Wolf ja auch im Ökosystem. Er gehört in die mitteleuropäischen Ökosysteme als ein Regulator, als Gesundheitspolizei…“ [3]


Offenbar sind sich Bevölkerung, Experten und die beiden großen Naturschutzverbände weitgehend einig in puncto strengem Schutz für den Wolf. Umso wichtiger ist es, dass die Politik ebenso auf Aufklärung, flächendeckende Herdenschutzmaßnahmen und unbürokratische Hilfen für Weidetierhalter und -halterinnen setzt und sich nicht von wenigen „Schreihälsen“ leiten lässt.

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[1] Savanta (2023): Understanding Rural Perspectives. A survey on attitudes towards large carnivores in rural communities. [Ländliche Sichtweisen verstehen. Eine Umfrage zur Einstellung gegenüber Großraubtieren in ländlichen Gemeinden.]




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