In Deutschland wird der Feldhase bundesweit in der Roten Liste als „gefährdet“ geführt – und dennoch gejagt. Seitens der Jägerschaft gab es immer wieder heftigen Widerstand gegen die Aufnahme des Feldhasen in die Roten Listen, die mit abweichenden Gefährdungsstufen auch von den Ländern geführt werden. Die Einstufung der Bestandsgefährdung findet nur alle zehn Jahre statt, zuletzt 2020. In weiten Teilen der ostdeutschen Bundesländer dürfte er schon heute zu den „stark gefährdeten“ Arten gehört.
Die größten Chancen einen Feldhasen anzutreffen haben Osterspaziergänger in den westlichen Bundesländern, insbesondere in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, entlang des Oberrheins in Baden-Württemberg und in Bayern. Mit etwas Glück sieht man auch in Hessen und Rheinland-Pfalz nochmal den Osterhasen, im Osten allerdings gibt es kaum noch Vertreter seiner Art.
Ein schwerwiegendes Indiz für den enormen Rückgang der Zahl der Hasen in Deutschland sind die Jagdstrecken: Allein in den 2000er Jahren sind die um über 60 Prozent zurückgegangen. Während im Jagdjahr 2001/02 noch über 466.000 Feldhasen in den Jagdstrecken ausgegeben wurden, waren es zuletzt nur noch etwa 200.000. Gegenüber 2017 hat sich der Bestand der Feldhasen wohl aufgrund der trockenen Frühjahre etwas stabilisiert. Wildtierschutz Deutschland geht davon aus, dass es in diesem Frühjahr in Deutschland noch etwa 1 bis 1,2 Millionen Vertreter des Meister Lampe gibt. Etwa halb so viele wie noch zu Beginn der 2000er Jahre. Die Hauptursache für den Artenschwund ist die von der deutschen und europäischen Politik geförderten Zerstörung der Lebens- und Nahrungsgrundlagen durch die intensive Landwirtschaft.
Der Deutsche Jagdverband macht regelmäßig Stichprobenzählungen, rechnet diese auf Deutschlands Großlandschaften hoch und kommt so zu Zahlen, die nur einen leichten Rückgang oder gar eine Erholung der Populationen vorgaukeln. Wildtierschutz Deutschland hält die Hochrechnungen für unseriös, weil in den wenigen teilnehmenden Revieren vornehmlich dort gezählt wird, wo auch tatsächlich Feldhasen vorkommen, weil Agrar- und Forststrukturen bei den Hochrechnungen wohl nicht oder unzureichend berücksichtigt werden und weil es im Interesse der Jägerschaft liegt, einen möglichst hohen Bestand vorzutäuschen.
Schließlich wird Lepus europaeus, so sein lateinischer Name, nach wie vor in vielen Teilen des Landes im Rahmen von Treibjagden gejagt. Es ist daher völlig unverständlich, wenn eine auf der Roten Liste als gefährdet geführte Art, die kontinuierlich im Bestand abnimmt, nach wie vor jagdbar ist. Die Forderung nach einer ganzjährigen Schonzeit für Meister Lampe steht - auch seitens weiterer Tier- und Naturschutzorganisationen - seit Jahren im Raum.
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Unser Artikel aus 2018: Feldhase auf der Bremsspur
Hintergrundinformation:
Die Hochrechnung der im Rahmen der Hasenzählung gewonnen Daten gibt unseres Erachtens ein geschöntes Bild der Zahl der Hasen in Deutschland wider, aus folgenden Gründen:
An der Zählung nehmen vorwiegend Jäger oder Jagdpächter teil, in deren Revieren Feldhasen auch vorkommen. Jagdrevierinhaber ohne oder ohne bedeutende Feldhasenvorkommen werden mehrheitlich nicht an der Taxation teilnehmen. Die Bestandszahlen pro 100 ha Fläche reflektieren demnach die Zahl der Hasen in den „besseren“ Hasenrevieren und können schon alleine deshalb nicht auf die gesamte Fläche, die als Lebensraum für Hasen in Frage kommt, hochgerechnet werden. Sie sind nicht repräsentativ. Auch deshalb nicht, weil nur ein verschwindend geringer Teil der Jagdbezirke überhaupt an der Taxation teilnehmen (450 Referenzgebiete in 2018).
In Jagdrevieren, in denen gezählt wird, wird vornehmlich dort gezählt, wo auch Ergebnisse zu erwarten sind. Häufig gibt es Reviere, in denen auf der einen Seite der Feldhase vorkommt, auf der anderen aber überhaupt nicht.
Die Jagdbezirksfläche hochzurechnen ist unseres Erachtens kein korrekter Ansatz, auch nicht die gesamte forst- und landwirtschaftliche Fläche in Deutschland, wenn nicht zumindest der relativ hohe Anteil für Feldhasen nicht geeigneter Lebensräume (Monokulturen wie Mais, Raps) würde. Ferner dürfte die Bestanddichte in Forstrevieren geringer sein, als in landwirtschaftlich geprägten Revieren, so dass bei einer Hochrechnung auch hier eine entsprechende Gewichtung vorgenommen werden müsste, was aber wohl nicht gemacht wird, da diese Daten in WILD gar nicht erfasst werden.
Weitere Grafiken und Daten bis 1981 auf Anfrage:
In Hessen wurden zur Jagdsaison 2007/08 noch fast 12.000 Feldhasen in der Streckenstatistik ausgewiesen, davon gingen etwa 20 Prozent auf das Konto von Wildunfällen. Seitdem geht es mit dem Bestand der Hasen kontinuierlich bergab. 2017/18 wies die Streckenstatistik nur noch 3.753 Rammler aus, ein weiterer Rückgang um über 68 %. Anfang der 1980er Jahre wurden noch Jagdstrecken von über 50.000 Tieren veröffentlicht.
In Rheinland-Pfalz wurden in den 1980er Jahren noch bis zu 80.000 Feldhasen in der Jagdstatistik ausgewiesen, davon gingen etwa 18 Prozent auf das Konto von Wildunfällen. In den 2000er Jahren wies die Streckenstatistik noch etwa 12.000 Tiere aus, im Jagdjahr 2017/18 nur noch 4.272, das sind 70 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren.
In Baden-Württemberg wurden zur Jagdsaison 2007/08 noch über 14.000 Feldhasen in der Streckenstatistik ausgewiesen, davon gingen etwa 20 Prozent auf das Konto von Wildunfällen. Seitdem geht es mit dem Bestand der Hasen kontinuierlich bergab. 2017/18 wies die Streckenstatistik nur noch 6.240 Mümmelmänner aus, ein Rückgang um über 55 Prozent. Anfang der 1980er Jahre wurden noch Jagdstrecken von über 60.000 Tieren veröffentlicht.
In Niedersachsen wurden zur Jagdsaison 2007/08 noch über 121.000 Feldhasen in der Streckenstatistik ausgewiesen, davon gingen etwa 16 Prozent auf das Konto von Wildunfällen. Seitdem geht es mit dem Bestand der Hasen kontinuierlich bergab. 2017/18 wies die Streckenstatistik nur noch 44.500 Mümmelmänner aus, ein Rückgang um über 63 %.
In Nordrhein-Westfalen wurden Anfang der 2000er Jahre noch einmal fast 200.000 Feldhasen in der Jagdstatistik ausgewiesen, davon gingen etwa 16 Prozent auf das Konto von Wildunfällen. Seitdem geht es mit dem Bestand der Hasen kontinuierlich bergab. 2017/18 wies die Streckenstatistik nur noch 39.780 Rammler aus, das sind 80 Prozent weniger als noch vor vierzehn Jahren.
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Erfahren Sie hier, wie Jagdverbände die Öffentlichkeit mit geschönten Zahlen täuschen.