Hören | In der Presse wurde in den vergangenen Tagen über die Tötung von zahlreichen Bibern zum Schutz von Deichen an der Oder berichtet. Auf der Seite „rbb24.de“ war am 24.09. zu lesen:
„Der Landkreis Märkisch-Oderland teilte am Dienstag mit, 25 Biber seien in den vergangenen Tagen „entnommen“ worden. Bisher gemeldete Schadstellen seien aber unproblematisch.“
Hintergrund der unseres Erachtens eindeutig rechtswidrigen Maßnahme ist das aktuelle Hochwasser der Oder. Biber leben in Bauen oder Burgen am Ufer, der Wohnkessel liegt über und der Eingang unter dem Wasserspiegel. Steigt das Wasser so stark, dass der Wohnkessel geflutet wird, weichen die Biber aus und suchen höher gelegen Stellen auf. Finden sie auf Deichen Zuflucht, so offensichtlich die Überlegung der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Märkisch-Oderland, könnten sie dort versuchen Baue anzulegen und damit die Standsicherheit der Deiche gefährden.
Bei genauerer Überlegung relativieren zwei Dinge diese abstrakte Gefahr erheblich: Erstens ist die Anlage eines Baues für den Biber ein erheblicher und viele Tage in Anspruch nehmender Aufwand. Diesen dürfte er kaum für ein Hochwasser von wenigen Tagen Dauer leisten, der Bau würde eher trocken liegen, als er fertiggestellt wäre. Der Biber als ein intelligenter Wasserbauer, der die Dynamik des Flusswassers einzuschätzen weiß, wird eine solche Energieverschwendung nicht betreiben. Zum Zweiten sind die meisten Deiche für den Biber nicht grabefähig. Alte Deiche enthalten häufig Schutt und andere Steinmaterialien, neue Deiche bestehen aus vielen unterschiedlichen Materialschichten, denen auch ein Biber wenig anhaben kann.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Biber während des Oderhochwassers die Standsicherheit des Deiches gefährdet hätten, ist somit als äußerst gering einzustufen. Die präventive Tötung der streng geschützten Tiere ist somit ein eindeutiger Verstoß gegen das Verletzungs- und Tötungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG und der Europäischen FFH-Richtlinie. Die äußerst geringe Gefahr für die Standsicherheit der Deiche durch vorübergehend vor dem Hochwasser Zuflucht suchende Biber, ist kein Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses und kann damit nicht den strengen Artenschutz aushebeln.
Wir stellen uns die Frage, ob die Deiche, zu deren Schutz die Biber getötet wurden, aus grabfähigem Material bestehen – mit anderen Worten: Hätten die Biber dort überhaupt Schaden anrichten können? Zudem stellen wir uns die Frage, ob nicht mildere Mittel als die Tötung zur Verfügung gestanden haben.
Wie wird bei künftigen Hochwässern mit Bibern umgegangen? Werden Tötungen neben Bayern nun auch in anderen Bundesländern an der Tagesordnung sein?
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