Der Deutsche Jagdverband veröffentlicht alljährlich die sogenannte Streckenstatistik. Daraus geht hervor, wie viele Tiere durch die Jagd "auf der Strecke" geblieben sind. Viele Tierarten wie Schwäne, Rabenkrähen, Elstern, Eichelhäher, Kormorane, aber auch Hunde und Katzen, werden in der Jagdstatistik gar nicht erst erfasst, ebenso wenig wie nicht aufgefundene, den Verletzungen erlegene Tiere oder Opfer, die illegal erschossen oder aus Bequemlichkeit nicht erfasst werden.
Die Streckenstatistik des Jagdverbandes weist jährlich etwa fünf Millionen getötete Wildtiere aus, darunter auch ein Teil der durch Verkehrsunfälle umgekommenen Tiere. Insgesamt dürften etwa sechs bis sieben Millionen Tiere Opfer des Jagdsports sein.
Der Sinn der Freizeitbeschäftigung Jagd wird nicht mehr nur von wenigen Jagdkritikern hinterfragt. Die Gesellschaft stellt Fragen, wie: Warum dürfen Jäger in vielen Bundesländern immer noch Hunde und Katzen erschießen? Weshalb werden Tiere getötet, deren Bestände sich auch ohne Jagd nicht signifikant verändern? Warum tötet man Tiere, um sie anschließend zu entsorgen? Warum haben wir in Deutschland die längsten Jagdzeiten für Rehe, Wildschweine und Hirsche in Europa? Wann wird endlich diskutiert, für welche Tiere es überhaupt einen vernünftigen Grund für die Jagd gemäß dem Tierschutzgesetz gibt? Warum folgt die Politik in Sachen Jagd fast ausschließlich den Lobbygruppen des Forstes, der Landwirtschaft und der Jagd und nicht den wissenschaftlichen Erkenntnissen der letzten 40 Jahre?
Die Ignoranz gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Erfordernis über neue Wege im Wildtiermanagement nachzudenken resultiert auch nie dagewesenen Beständen von Rehen und von Wildschweinen. Während in den 1980er Jahren jedes Jahr noch etwa 800 – 900.000 Rehe und 150 – 250.000 Wildschweine erlegt wurden, waren es im letzten Jahrzehnt bis zu 1,25 Millionen Rehe und 600 – 880.000 Wildscheine pro Jahr, Tendenz steigend. „Die Jagd wird ihrem Auftrag der Bestandsregulierung nicht gerecht, trotz der zunehmenden Intensivierung der Jagd, im Rahmen von Treib- und Drückjagden nicht selten in Armeestärke von bis zu 300 Personen plus Hunden, und trotz Aufhebung von Schonzeiten wird das Wild nicht weniger, sondern mehr.
Die Jagd ist völlig kontraproduktiv, auch weil dadurch mit einer intakten Sozialstruktur der letzte limitierende Faktor der Zahl der Wildschweingeburten zerschossen wird. Darüber hinaus trägt die Fütterung zu Jagdzwecken, die sogenannte Kirrung dazu bei, dass auch junge Tiere so kräftig werden, dass sie bereits vor Vollendung des ersten Lebensjahres Nachwuchs bekommen.
Schon vor vielen Jahren haben wir darauf hingewiesen, dass der Jagdbetrieb hinsichtlich der Reduzierung der Zahl von Rehen oder Wildschweinen nicht zielführend ist. Weil Jäger, Behörden und Politik schon lange mit ihrem Latein am Ende sind, ermöglichen oder tolerieren sie immer neue Jagdpraktiken, die zwar nicht zur nachhaltigen Reduzierung der Wildtierbestände führen, aber erhebliches Tierleid provozieren.
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Norbert Happ, Jäger und bekanntester deutscher Wildschweinkenner in Wild und Hund, Ausgabe 23/2002: „Die Nachwuchsschwemme ist hausgemacht.“ Für die explosionsartige Vermehrung der Wildschweine seien die Jäger selbst verantwortlich: „Ungeordnete Sozialverhältnisse im Schwarzwildbestand mit unkoordiniertem Frischen und Rauschen und unkontrollierbarer Kindervermehrung sind ausschließlich der Jagdausübung anzulasten“.