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Dr. Martin Steverding

Niedersachsen: Konstruktive Vorschläge für das Jagdrecht

Hören | Es rauscht mal wieder mächtig im Blätterwald der Jäger: Die Grünen in Niedersachsen planen erneut Änderungen im Jagdrecht und greifen teilweise unsere langjährigen Forderungen auf: Die Jagd soll zumindest etwas weniger grausam werden. Die Vorschläge von Miriam Staudte (Die Grünen), der zuständigen Landwirtschaftsministerin, sind:


  • Duldungspflicht von Wildrettungsmaßnahmen: Der Jagdausübungsberechtigte (JAB) muss Rettungsmaßnahmen für in Not geratenes Wild durch Nichtjäger dulden, wenn er selbst innerhalb von 24 Stunden keine Maßnahmen veranlasst oder durchgeführt hat.

Miriam Staudte (Die Grünen, Niedersachsen) ist die erste Landwirtschaftsministerin, die sich gegen die Haltung von Füchsen in Schliefenanlagen ausspricht.
Miriam Staudte (Die Grünen, Niedersachsen) ist die erste Landwirtschaftsministerin, die sich gegen die Haltung von Füchsen in Schliefenanlagen ausspricht.

Grundsätzlich sollte es analog zum Bundesnaturschutzgesetz zulässig sein, nach der Meldung beim Jagdpächter oder der Polizeidienststelle verletzte, hilflose oder kranke jagdbare Wildtiere kurzzeitig aufzunehmen, um sie gesund zu pflegen und nach der Pflege am Fundort wieder auszuwildern. Ein bis zu 24 Stunden langes Abwarten wäre nicht verhältnismäßig.+++

 

  • Es soll verboten werden, lebende Tiere zur Ausbildung oder Feststellung der Brauchbarkeit von Jagdhunden zu halten oder einzusetzen.


Dies würde das überfällige Ende der Schliefenanlagen, der Saugatter und des Einsatzes von lebenden Enten („Müller-Ente“) bedeuten. Das wäre ein wirklich großer Fortschritt hinsichtlich des Tierschutzes!+++

 

  • Die Nutria soll von der Liste der jagdbaren Arten gestrichen werden.


Den meisten Jägern dürfte es egal sein, denn Nutrias sind bei ihnen kein beliebtes Jagdwild. Der Hintergrund des Vorschlages ist vermutlich das Beispiel NRW: Dort sind Nutrias nicht im Jagdrecht, sondern werden von den Behörden als Schädlinge eingestuft. Beauftragte Nutria- und Bisamfänger stellen Totschlagfallen auf (im Rahmen der Jagd sind Schlagfallen in NRW verboten). Der im Jagdrecht vorgeschriebene Elterntierschutz besteht nicht, allerdings ist auch hier das Tierschutzrecht zu berücksichtigen.+++

 

  • Das Töten von Hunden und Katzen soll verboten werden.


Auch das ist überfällig, aber es wird in der Praxis weder Kontrolle noch Ahndung geben.+++


  •  Totschlagfallen sollen im Rahmen der Jagd verboten werden.


Ein bundesweites Verbot von Totschlagfallen ist überfällig. Es wäre gut, wenn Niedersachsen dem Beispiel von NRW und bisher fünf weiteren Bundesländern folgen und ein landesweites Verbot verhängen würde. Allerdings ist die gesamte Fallenjagd zu verbieten. Der Lebendfang mag zwar als weidgerecht gelten, ist aber nicht tierschutzkonform. Lebend gefangene Wildtiere werden bei Eintreffen des Jagdausübungsberechtigen getötet.+++

 

  • Die Baujagd soll in Naturbauen verboten werden.


Ein Verbot der Baujagd in Naturbauen wäre auf jeden Fall ein Fortschritt. Allerdings muss die Baujagd komplett verboten werden, ob in Natur- oder Kunstbau. Diese extrem grausame Jagdpraktik, bei der sowohl die eingesetzten Hunde als auch die im Bau befindliche Dachse oder Füchse teilweise schwer verletzt werden, ist in keiner Form vertretbar.+++

 

  • Der Abschussplan für Rehe soll abgeschafft werden.


Dieser Vorschlag bedeutet einen Rückschritt und scheint der immer populäreren Logik „Wald vor Wild“ zu folgen. Pflanzenfressende Huftiere leben in artentsprechenden Sozialstrukturen. Durch die Abschaffung des Abschussplans würde Tür und Tor geöffnet, diese nachhaltig zu zerstören und Rehe noch rigoroser und tierschutzwidriger zu bejagen. So ist es seit Jahren schon im Bereich des Sachsenforstes oder der Bayerischen Staatsforsten zu beobachten.+++

 

  • Jagdgehege sollen nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren verboten werden.


Ein Ende der Gatterjagd wäre ein wirklicher Fortschritt. Es ist unerträglich, dass es bis dato erlaubt ist, Tiere ohne ausreichende Fluchtmöglichkeit zu jagen und zu töten.+++

 


Die von den Grünen vorgeschlagenen Änderungen des Niedersächsischen Landesjagdgesetzes würden einen echten Beitrag im Hinblick auf den Tierschutz leisten. Ihre Umsetzung wäre ein großer Fortschritt, auch wenn die Änderungen nicht weit genug gehen. Die Herausnahme der Nutria aus dem Jagdrecht und die Abschaffung der Abschusspläne für Rehe könnten allerdings Rückschritte in die falsche Richtung bedeuten.


Wohl wird die Jägerschaft und ihre zahlreichen Lobbyisten in Politik, Wirtschaft und Behörden jegliche substanziellen Fortschritte zu verhindern wissen, damit eine kleine Minderheit weiterhin ungebremst in ihrer Freizeit empfindungsfähige Wesen töten, quälen und verängstigen darf.

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