Obwohl Wildschweine seit Jahrzehnten intensiv und inzwischen fast ohne jegliche Tabus gejagt werden, nimmt ihre Zahl immer weiter zu. In den 1980er Jahren wurden im langjährigen Mittel pro Jahr etwa 200.000 Wildschweine erschossen, 2006 waren es schon 400.000 pro Jahr. Im Durchschnitt der letzten 10 Jahre wurden jedes Jahr über 570.000 Schwarzkittel erlegt. Absoluter Höhepunkt war das Jagdjahr 2017/18 mit etwa 820.000 erlegten Wildsäuen. Die Jagd ist überhaupt nicht in der Lage, den Bestand dieser Tierart zu reduzieren, geschweige denn zu regulieren.
Das hat verschiedene Gründe: Die Tiere sind intelligent und können sich relativ schnell auf neue Situationen einstellen. Bei unserer land- und forstwirtschaftlichen Struktur ist es für die Wildsau relativ einfach, sich – selbst während einer Drückjagd – so zu verstecken, dass sie nicht aufgestöbert wird.
Regelmäßig hohe Bestandsverluste durch die Jagd werden relativ schnell durch die verbliebenen Tiere kompensiert. Kaum eine Tierart hierzulande ist so flexibel hinsichtlich ihrer Vermehrung wie das Schwarzwild. Zerstörte Familienstrukturen – die ansonsten regulativ wirken -, ein gutes Nahrungsangebot für die überlebenden Tiere und relativ milde Winter mit wenigen Kälteverlusten tragen dazu bei, dass schon kaum einjährige Bachen (weibliches Wildschwein) wieder Jungtiere bekommen und sich insgesamt mehr Tiere an der Reproduktion beteiligen, als in unbejagten Beständen. Die Forschung spricht hier von kompensatorischem Wachstum: es kommen mehr Jungtiere zur Welt, als Alttiere erschossen werden. Insgesamt steigt die Population bei abnehmendem Durchschnittsalter.
Es ist und bleibt wohl auch eine Vermutung, dass wir ohne oder mit deutlich reduzierten jagdlichen Maßnahmen mittelfristig nicht signifikant mehr Wildscheine in Deutschland hätten. Um diesen Beweis anzutreten, bräuchte Deutschland mutige, charismatische Politiker, die eine Wende in Sachen Tierschutz einleiten wollten.
Die Schäden, welche Wildschweine anrichten, können für den Einzelnen sicherlich hoch sein, rein volkswirtschaftlich betrachtet sind das aber Peanuts. Unser Ansatz wäre es deshalb, die Jagd auf Wildschweine (durch Berufsjäger) stark einzugrenzen, in Problemzonen auf Vergrämung und Verhütung zu setzen, erhebliche wirtschaftliche Schäden durch den Staat zu ersetzen. Wir sprechen hier nicht von Milliardenbeträgen, sondern von maximal zweistelligen Millionenbeträgen. Das sollte uns der Tierschutz wert sein.
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