Hören | Die Senkung des Schutzstatus des Wolfs in der Berner Konvention ist in Kraft. Auch wenn es aktuell noch keine praktischen Auswirkungen hat, eröffnet sie möglicherweise den Weg hin zu einer Bejagung des Wolfs – und wird entsprechend vom Deutschen Jagdverband bejubelt. Es sei der erste Schritt zum regionalen Wolfsmanagement, es ist die Rede von Obergrenzen und der Entnahme auffälliger Rudel.

Jagd auf Wölfe ist – wie diverse Studien zeigen – kontraproduktiv. Weder geht die Zahl der Nutztierrisse zurück noch die Anzahl der illegalen Tötungen. Nur durch guten Herdenschutz ist ein Zusammenleben von Wolf und Weidewirtschaft möglich. Jagd kann den Herdenschutz nicht ersetzen, im Gegenteil: Herdenschutz funktioniert dort, wo stabile ungestörte Wolfsrudel leben, die es gelernt haben, dass Zäune weh tun. Diese Wölfe geben ihre Erfahrungen an ihre Nachkommen weiter und halten fremde Wölfe auf Distanz. Die „IG Herdenschutz plus Hund“ in Sachsen-Anhalt zeigt, dass effizienter Herdenschutz möglich ist – ohne Jagd auf Wölfe: Seit sechs Jahren haben die beteiligten Weidetierhaltenden mit insgesamt etwa 25.000 Tieren keinen einzigen Riss zu vermelden.
Die Zahl der Nutztierrisse in den Kern-Verbreitungsgebieten des Wolfs geht zurück oder stagniert dank des besser werdenden Herdenschutzes: In Brandenburg erreichte die Zahl der Wolfsübergriffe auf Weidetiere im Jahr 2024 den niedrigsten Stand seit 2020. Auch in Niedersachsen, wo neben Brandenburg und Sachsen bundesweit die meisten Wölfe leben, stagniert die Zahl der Übergriffe seit dem Monitoring-Jahr 2019/20. Bei einem Großteil der Übergriffe war keinerlei oder nur mangelhafter Herdenschutz vorhanden.
Herdenschutz ist für jeden Weidetierhalter aufwändig und teuer. Er muss daher angemessen gefördert werden. Angemessen ist hier der vom Bundesamt für Naturschutz empfohlene Schutz mit mindestens 120 cm hohen Zäunen aus mindestens fünf stromführenden Litzen mit ausreichender Spannung und Vermeidung von Lücken in Bodenwellen oder im Bereich der Eingangstore. Bei flächendeckendem Herdenschutz mit diesen Standards wären Wolfsübergriffe nur noch ausnahmsweise zu erwarten. Die Senkung des Schutzstatus trägt dagegen in keiner Weise zur Problemlösung bei.
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