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Lovis Kauertz

Kein vernünftiger Grund für die Fuchsjagd

Hören - An mich wurde die Frage herangetragen, was denn ein vernünftiger Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes überhaupt ist. Ich möchte deshalb hier nochmal versuchen, dieses Thema für uns juristisch weniger bewandten Menschen am Beispiel der Fuchsjagd zu erläutern.


Das wesentliche Grundprinzip des Tierschutzrechts ist, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. So steht es sinngemäß im Tierschutzgesetz. ​"Vernünftig ist ein Grund, wenn er als triftig, einsichtig und von einem schutzwürdigen Interesse getragen anzuerkennen ist und wenn er unter den konkreten Umständen schwerer wiegt als das Interesse des Tieres an seiner Unversehrtheit und an seinem Wohlbefinden". So ist es in einem Kommentar zum Tierschutzgesetz (Lorz-Metzger, TierSchG § 1 Rn 62) nachzulesen.


Ein Handeln aus vernünftigem Grund kann nur angenommen werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:


1. Es muss ein rechtmäßiger, billigenswerter Zweck verfolgt werden


Einer der am häufigsten angeführten Gründe für die Bejagung eines Tieres ist der Nahrungserwerb. Für Füchse spielt dieser Aspekt jedoch keine Rolle, denn sie dienen eindeutig und unbestritten nicht der Nahrungsmittelgewinnung.


Im Zusammenhang mit der Fuchsjagd werden häufig folgende Gründe angeführt: Regulierung des Fuchsbestands, Schutz von Bodenbrütern, Bekämpfung von Krankheiten. Darauf wollen wir nun nachfolgend kurz eingehen:

  • Einer der zentral angeführten Gründe für die Fuchsjagd ist die vermeintlich erforderliche Regulierung der Zahl der Füchse. Schon 1991 heißt es beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hierzu: „Es ist nach wie vor offensichtlich vielen mit Verminderungsmaßnahmen befassten Menschen unklar, dass Reduzierungen in aller Regel die natürlichen innerartlichen Regulationsmechanismen außer Funktion setzen und zu einer ständigen Ankurbelung der Vermehrung führen.“ Auch danach hat es immer wieder zahlreiche Gutachten gegeben, die genau dieses Ergebnis immer wieder bestätigt haben. Last but not least belegen das auch die Fuchsjagd freien Gebiete in deutschen Nationalparks, im Kanton Schweiz oder in Luxemburg.

  • Auch der immer wieder angeführte Rückgang der Bodenbrüter oder gar der Biodiversität kann dem Fuchs nicht angelastet werden. Trotz der intensiven Fuchsjagd der letzten Jahrzehnte, ließ sich der Rückgang von Rebhühnern, Fasanen und Feldhasen nicht einmal ansatzweise aufhalten. Der Verlust der Artenvielfalt, insbesondere unter den Bodenbrütern, beruht vielmehr auf der Zerstörung ihres Lebensraumes und dem damit einhergehenden Insektenverlust als Futterquelle. Im Kanton Genf in der Schweiz wurde nach der Einstellung der Fuchsjagd im Jahr 1974 sogar eine Zunahme der Artenvielfalt festgestellt.

  • Seitens der Politik und der Jagdverbände wird immer wieder die Bedeutung der Jagd im Hinblick auf die Bekämpfung von Krankheiten und einem damit zusammenhängenden Infektionsschutz geltend gemacht. Seit den 1960er Jahren hatte man versucht, mittels verschiedener Methoden wie das Auslegen von Giftködern, das Fallenstellen, das Ausgraben von Fuchswelpen und die Fuchsbaubegasung (1970) die damals unter Füchsen grassierend Tollwut auszumerzen. Eine wirksame Eindämmung des Seuchengeschehens ließ sich mit diesen tierquälerischen Verfahren nie erreichen. Damit hat sich gezeigt, dass die Fuchsjagd kein geeignetes Mittel zur Prävention oder Bekämpfung der Tollwut ist. Erst durch das großflächige Auslegen von Impfködern konnte man die Tollwut eindämmen.

Auch beim Fuchsbandwurm kann die Jagd schon allein deshalb nicht als Grund für die Bejagung des Fuchses herangezogen werden, weil sie völlig unverhältnismäßig wäre. Mittels Entwurmungsködern konnte z.B. im Landkreis Starnberg die Rate der mit dem Bandwurm befallenen Füchse von 51 auf unter ein Prozent reduziert werden. Die Jagd ist auch hier nicht zielführend, und - wie dieses Projekt am Starnberger See zeigt – gibt es deutlich tierschutzgerechtere Methoden zur Reduzierung des Fuchsbandwurms.


Rotfuchs beim Mäusesprung im Herbst
Der Rotfuchs gehört zu den nützlichsten Säugetieren in unseren Ökosystemen. Bild: Timo Litters

2. Das eingesetzte Mittel muss dafür geeignet sein.


Wie unter 1. in Kürze dargelegt, ist durch die Jagd weder die Regulierung der Fuchsbestände, noch der Erhalt bestimmter Tierarten oder gar die Bekämpfung von Krankheiten überhaupt zielführend. Die Jagd (= das eingesetzte Mittel) ist weder geeignet, Fuchsbestände zu regulieren, noch gefährdeten Tierarten im Fortbestand zu helfen. Denn die Ursache für deren Gefährdung sind nicht die Füchse, sondern vor allen Dingen die Zerstörung ihrer Lebensräume und ihrer Futterquellen. Ein Problem lösen kann man aber nur dann, wenn man auch die Ursache angeht.


3. Das eingesetzte Mittel muss erforderlich sein, d.h. von mehreren geeigneten Mitteln darf nur dasjenige eingesetzt werden, das den Tieren am wenigsten Schmerzen, Leiden und Schäden zufügt.


Wir haben oben bereits ausgeführt, dass die Jagd (= eingesetztes Mittel) für die Regulierung der Fuchsbestände nicht erforderlich ist. Das belegen neben vielen Studien u.a. der seit 1974 weitgehend Fuchsjagd freie Kanton Genf und das seit 2015 Fuchsjagd freie Luxemburg.


Der Verlust der Artenvielfalt, insbesondere unter den Bodenbrütern, beruht wesentlich auf der Zerstörung ihres Lebensraumes und dem damit einhergehenden Insektenverlust als Futterquelle. Die Jagd ist auch hier keineswegs erforderlich, um diesen Symptomen beizukommen. Es hat sich vielmehr gezeigt, dass sich trotz intensiver Fuchsjagd nichts an der fortschreitenden Gefährdungssituation vieler Tierarten ändert.


Der letzte Fall der Tollwut bei Füchsen wurde in Deutschland 2006 registriert. Das mildere und auch erfolgreichere Mittel zur Bekämpfung des Fuchsbandwurms ist das Auslegen von Entwurmungsködern. Weder auf das Räudegeschehen, noch auf die Staupe hat die Jagd irgendeinen nachweisbaren positiven Einfluss.


4. Das eingesetzte Mittel muss angemessen sein, d.h. das menschliche Nutzungsinteresse muss das beeinträchtige tierliche Integritäts– und Wohlbefindensinteresse wesentlich überwiegen – also der angestrebte Nutzen muss deutlich schwerer wiegen als der angerichtete Schaden.


Das Nutzungsinteresse der Fuchsjagd erschöpft sich im Wesentlichen auf die Möglichkeit einer Freizeitgestaltung durch Hobbyjäger. Ein Nutzen im Hinblick auf die Regulierung der Fuchsbestände, des Schutzes gefährdeter Tierarten oder der Eindämmung von Krankheiten kann nicht belegt werden. So kann man davon ausgehen, dass die Fuchsjagd (= menschliches Nutzungsinteresse) im Hinblick auf das Interesse des Wohlbefindens der Füchse hinten ansteht und keineswegs schwerer wiegt.

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