Hören - Inmitten der Paarungszeit der Füchse und während der ersten Vollmondnächte im Dezember beginnen deutschlandweit die sogenannten Fuchswochen. Ziel dieser bis teilweise in den März andauernden Jagdevents, bei denen auch etliche revierlose Jagdausübungsberechtigte zum Schuss kommen, ist es, möglichst viele Füchse zu töten. Das ist in den Winternächten einfacher als zu anderen Jahreszeiten, weil zum einen die ansonsten sehr vorsichtigen Füchse auf der Suche nach einem Partner oder einer Partnerin ihre Sicherheit vernachlässigen und sie zum anderen in hellen Schneenächten leichter auszumachen sind.
Während dieser „Hoch-Zeit“ der Fuchsbejagung werden die für die Aufzucht der Jungtiere und die Versorgung der jungen Fuchsfamilien erforderlichen Fuchsrüden hunderttausendfach erschossen, ebenso hochträchtige Fuchsfähen und gar nicht selten auch welche, die bereits Jungtiere aufziehen. Im Bundesjagdgesetz ist die Tötung von zur Aufzucht von Jungtieren erforderlichen Elterntieren zwar strafbewährt. Aber sowohl Jagdausübenden als auch Behörden und Gesetzgeber nehmen billigend in Kauf, wenn massenweise künftige und aktuelle Fuchsväter erlegt werden und die Welpen ohne den Hauptversorger zurückbleiben.
Die intensive Bejagung während der Paarungszeit führt dazu, dass letztlich die verbleibenden Füchse mehr Nachwuchs bekommen, leergeschossene Reviere von neuen Füchsen besetzt werden und die Bestandsverluste innerhalb kürzester Zeit wieder aufgefüllt sind. Mittels der Jagd konnten die Fuchsbestände noch nie reguliert werden und – wie Praxisbeispiele zeigen – ist die Jagd dazu auch gar nicht erforderlich: In Fuchsjagd freien Arealen in deutschen Nationalparks, im Kanton Genf oder in Luxemburg ist die Zahl der Füchse zum Teil seit Jahrzehnten weitgehend konstant.
Gängige Scheinargumente, die von Jagdlobbyisten und bisweilen auch von den Ministerien genannt werden, sind: Regulierung der Fuchspopulation, Schutz gefährdeter Tierarten, Reduzierung von Gesundheitsrisiken für den Menschen.
Regulierung der Fuchspopulation
Die Bestände von Füchsen mit jagdlichen Mitteln zu regulieren ist weder erforderlich noch möglich. Ein Beispiel: Luxemburg und das Saarland sind in etwa gleich groß. Während im Saarland seit dem Jagdjahr 2015/2016 etwa 27.000 Füchse von Jägern getötet und in der Regel entsorgt oder liegengelassen wurden, ist die Fuchsjagd in Luxemburg seitdem verboten. In beiden Regionen sind die Fuchsbestände in etwa gleich groß geblieben.
Unterschiede sind, dass die Füchse in Luxemburg ein höheres Durchschnittsalter erreichen, dort die Befallsrate mit dem Fuchsbandwurm sinkt und sich wieder intakte soziale Strukturen etablieren. Auch wissenschaftliche Studien (z.B. Comte et al. 2017, vgl. auch Langgemach, T. & J. Bellebaum 2005) belegen, dass sich selbst durch intensive und tierquälerische Fuchsjagd die Bestände in offenen Arealen nicht regulieren lassen. Im Saarland dagegen – wie in anderen Teilen der Republik – führt die Fuchsjagd zu einer unbeschreiblichen Tierquälerei: Der artinterne Regulationsmechanismus wird so gestört, dass die Füchse mit hohen Geburtenraten reagieren. Fuchswelpen leiden häufig unter Mangelerscheinungen, weil die Fuchsrüden zur Versorgung der jungen Fuchsfamilien vielerorts fehlen. Während die Bestandsgrößen durch mehr Geburten und Zuwanderung schnell wieder zunehmen, wird das Durchschnittsalter der Tiere mehr und mehr gedrückt. Im Durchschnitt wird ein Fuchs in Deutschland kaum zwei Jahre alt.
Schutz gefährdeter Tierarten
Die Jagdverbände werden nicht müde zu behaupten, dass die Fuchsjagd einen Beitrag zum Artenschutz für Feldhasen, Rebhühner und Fasanen leistet. Tatsache ist zunächst einmal, dass nicht Fuchs und Co. die Ursache für den rapiden Rückgang der Bestandszahlen der genannten – im Übrigen immer noch jagdbaren – Tierarten in den letzten Jahrzehnten ist. Hauptgründe sind der Verlust von Lebensraum und Nahrungsgrundlagen durch die Intensivierung der Landwirtschaft. Es fehlen landschaftliche Strukturen, die Deckung bieten, die Vielfalt an Wildkräutern und -blumen und Insekten als eine der wichtigsten Nahrungsquellen. Fuchs, Marderhund oder Waschbär sind lediglich die von der Jägerschaft gemachten Sündenböcke für eine verfehlte Landwirtschaftspolitik.
Die bei den Bundesländern abrufbaren Streckenzahlen verdeutlichen, dass die willkürlich ausgeübte Freizeitjagd überhaupt keinen messbaren Einfluss auf die Bestände der gefährdeten Niederwildarten hat: Zwischen April 2009 und März 2020 wurden in Deutschland etwa fünf Millionen Füchse getötet. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Feldhasen um 20 bis 30 Prozent reduziert, die der Rebhühner hat sich mindestens halbiert. Fasanen gab es zu Beginn dieser Zeitreihe etwa dreimal so viele – trotz etlicher „Artenschutzprojekte“ inklusive der Aussetzung von gezüchteten Fasanen.
Gesundheitsrisiken durch Wildtiere gering
Ein Schmarrn ist es zu behaupten, dass das Risiko durch den Fuchsbandwurm zu erkranken, durch die Jagd gesenkt werden könnte. Abgesehen davon, dass es pro Jahr in Deutschland gemäß Robert-Koch-Institut gerade mal 40 Echinokokkose-Erkrankungen gibt und diese durch den Fuchsbandwurm hervorgerufene Krankheit damit zu den seltensten Zoonosen in Europa gehört (zum Vergleich: 2021 ca. 85.000 Corona-Tote durch Mensch-zu-Mensch-Infizierung), zeigen Praxis und Wissenschaft, dass ohne die Jagd die Befallsrate der Füchse sinkt und bei intensiver Jagd steigt.
Im seit 2015 Fuchsjagd freien Luxemburg konnte die Befallsrate der Füchse zwischen 2014 und 2020 von 40 auf 20 Prozent gesenkt werden. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen diverse Studien seit den 1990er Jahren: Die Jagd im Hinblick auf die Reduzierung der Befallsrate der Füchse mit dem Fuchsbandwurm ist demnach sogar kontraproduktiv. Eine aktuelle Forschungsarbeit aus Frankreich bestätigt diese Annahme: Die Befallsrate mit dem Fuchsbandwurm sank bei intensiver Fuchsjagd nicht, sondern stieg sogar um 15 Prozent an, während sie in einem Vergleichsgebiet konstant niedrig blieb.
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