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Biber in Bayern: Fordern die Freien Wähler jetzt mehr Wölfe?

Dr. Martin Steverding

„Der Biber hat auf der Liste bedrohter Arten nichts mehr zu suchen, denn seine Population steigt mangels natürlicher Feinde von Jahr zu Jahr“, so die Aussage des Landwirts und Landtagsabgeordneten der Freien Wähler in Bayern, Nikolaus Kraus. Zu lesen ist sie im Bericht des Münchener Merkur vom 24.01. „Biber-Plage im Landkreis: Landwirt fordert rigoroses Vorgehen – Haben zu lange tatenlos zugeschaut.“ Diese Aussage könnte man auch wie folgt umformulieren: Bayern braucht mehr Wölfe! Der Wolf ist der einzige relevante natürliche Feind des Bibers, denn er kann auch erwachsenen Bibern gefährlich werden. Seine Anwesenheit kann dazu führen, dass Biber sich weniger weit vom Wasser entfernen und dadurch weniger „Schaden“ anrichten.

Biber im Schnee mit Karotte und Schneemann
Biber - Bild: Leopold Kanzler

Natürlich wollen die Freien Wähler in Bayern nicht mehr, sondern am liebsten überhaupt keine Wölfe. Die Aussage des Politikers zeigt viel mehr ein weiteres Mal, mit wie wenig Sachverstand und Logik populistische Parteien argumentieren. Es geht nach dem Motto: Wer am lautesten schreit und wer die radikalsten Forderungen stellt, gewinnt. Diese Art der Agitation bringt vielleicht Wählerstimmen, sie führt aber niemals zu Lösungen, denn sie verweigert sich der Komplexität des Problems.


Der FW-Politiker fordert, rigoros zu handeln. „In den Isarauen mag der Biber seine Berechtigung haben, aber nicht im urbanen Raum. Irgendwann muss man abwägen, was ist wichtiger, Mensch oder Tier? Dort, wo der Biber nichts zu suchen hat, gehört er entnommen“, wird er im Münchener Merkur zitiert. Er beansprucht also für sich die Entscheidungshoheit, wo Biber leben dürfen, und noch schlimmer: Er gaukelt dem Leser vor, dass es nur eine Entscheidung Mensch ODER Biber geben kann. Die Möglichkeit eines Zusammenlebens von Mensch UND Biber wird gar nicht in Erwägung gezogen. Um seine Forderungen zu untermauern, wird die Schadenssumme von 7.000 € im bisher teuersten Jahr 2022 für den Landkreis München genannt. Laut Wikipedia hatte der Kreis Ende vorletzten Jahres 358.480 Einwohner. Der Schaden lag somit für das bisher teuerste Jahr bei knapp 2 Cent pro Einwohner. Wenn die, seiner Aussage nach, deutlich höheren Beträge „nicht ausgleichbarer Schäden der öffentlichen Hand“ hinzugerechnet werden, kommen vielleicht noch ein paar Cent dazu.


Wie groß die Schäden wirklich sind bzw. ob und was vor Ort jeweils zu ihrer Vermeidung unternommen wurde, wird in dem Artikel kaum deutlich. Die Biber hätten ihre Baue unter die angrenzenden Felder gegraben, heißt es. Es bleibt aber unklar, wie groß der Abstand der Felder zum Gewässer war und ob so nah am Wasser überhaupt Landwirtschaft stattfinden durfte. Biberbaue liegen immer direkt am Gewässer, die Eingänge befinden sich unter dem Wasserspiegel. Über die genannten Fälle der eingebrochenen Straße und des Schimmels in Gebäuden durch Staunässe infolge von Biberdämmen gibt es keine näheren Informationen. Wurden dort Präventivmaßnahmen durchgeführt? Ist der Schimmel tatsächlich eine Folge des Bibers oder eher der außergewöhnlich hohen Niederschläge der vergangenen zwei Jahre?


Die vielen offenen Fragen zeigen, dass lieber laut gebrüllt wird, als Probleme pragmatisch und lösungsorientiert anzugehen. Leider ist dies kein Einzelfall, denn der Abschuss von weit über 2.000 Bibern jährlich in Bayern zeigt überdeutlich, dass vorherrschende politische Kräfte nicht an Lösungen interessiert sind. Viel lieber wird der Biber ebenso wie der Wolf als politisches Nutztier für einen populistischen und polemischen Wahlkampf missbraucht. Immerhin ist im Anschluss an den Bericht der Abschnitt „So nützlich ist der Biber für die Natur“ zu lesen, in dem die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises München sich ausgesprochen positiv zum Biber äußert. Trotz der definitiv vorhandenen Konflikte ist die Rückkehr des Bibers ein riesiger Gewinn für unsere Gewässerökosysteme und für den Hochwasserschutz. Wie relevant letzterer für Bayern ist, zeigte sich im vergangenen Jahr auf dramatische Weise.

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