Hören | Grasfrosch, Erdkröte, Teichmolch und Bergmolch sind recht weit verbreitete und vielerorts noch relativ häufige Amphibienarten. Betrachtet man ihre Laichgewässer, so fällt auf, dass es sich meistens um von Menschen angelegte Tümpel und Teiche handelt. Diese Arten und viele andere Bewohner von Gewässern und Feuchtgebieten scheinen auf den gestaltenden Menschen angewiesen zu sein.
Wiesen beherbergen, wenn sie ein- bis zweimal jährlich gemäht und nicht gedüngt werden, eine Fülle von Pflanzen- und Insektenarten, die in keinen anderen Lebensräumen vorkommen. Überlässt man eine Wiese sich selbst, so verbuscht sie innerhalb weniger Jahre und wird schließlich zu Wald. Die Lebensgemeinschaft der Wiese scheint also auf den wirtschaftenden Menschen angewiesen zu sein.
Gäbe es keine Teiche, Tümpel und Wiesen, wenn Deutschland Wildnis wäre? Würden Erdkröte, Teichmolch, viele Libellen, Grashüpfer, zahlreiche Wiesenpflanzen und vieles mehr dann keinen Lebensraum finden?
Deutschland ist von Natur aus ein Waldland, aber wer sich jedoch eine mitteleuropäische Wildnis ausschließlich als eine Landschaft im tiefen Schatten großer Bäume vorstellt, hat die Rechnung ohne den Biber gemacht. Ein Besuch in einem Bachtal der Eifel offenbart, wie der wilde Landschaftsarchitekt arbeitet und welch beeindruckende Vielfalt sein Werk hervorbringt.
Biber leben amphibisch, sie haben eine Burg oder einen Bau mit einem unter Wasser liegenden Eingang. Sie möchten ihre Nahrungsplätze so weit wie möglich schwimmend erreichen, wozu eine Wassertiefe von mindestens rund 80 cm erforderlich ist. Zudem muss das Gewässer groß und tief genug sein, um einen umfangreichen Nahrungsvorrat aus Ästen und Zweigen, von deren Rinde Biber im Winter leben, unter Wasser lagern zu können. Ist ein Gewässer zu klein, um diesen Ansprüchen zu genügen, wird es durch die Biber entsprechend vergrößert – ein ganz neuer Lebensraum entsteht.
Aus Ästen, Zweigen und Erde haben die Biber in dem Eifeltal mehrere Dämme gebaut und den ursprünglich vielleicht einen Meter breiten Bachlauf zu einer ganzen Kaskade von Teichen aufgestaut. Im Laufe der Jahre sind die stetig von den Bibern gepflegten und ausgebesserten Dämme in die Landschaft eingewachsen. Die Bäume sind von den Bibern nach und nach gefällt worden, um Baumaterial für die Dämme und die Burg zu gewinnen und um an die nahrhafte junge Rinde zu gelangen. Entstanden sind artenreiche Wiesen rund um die Biberteiche, die den Bibern wiederum optimale Sommernahrung in Form vielfältiger Kräuter und Gräser liefern. Die großen, in Familienverbänden lebenden Nagetiere mit ihrem hohen Nahrungsbedarf, sorgen für die stetige Mahd.
In dem enorm vielfältigen Lebensraum des Bibertals leben zahlreiche Amphibien und Libellenarten, der Schwarzstorch findet in den Teichen seine Nahrung, Schmetterlinge besuchen die blütenreichen kleinen Wiesen. Die erfolgreichen Wiederansiedlungen und die derzeitige Ausbreitung des Bibers sind nicht nur ein Gewinn für die Artenvielfalt, sondern haben auch großen direkten Nutzen für uns Menschen.
Bei starken Niederschlägen verlangsamen die Biberteiche und -dämme den Abfluss und bremsen dadurch Hochwasser. Wenn sich der Biber weiter ausbreitet und eines Tages die meisten Mittelgebirgstäler besiedelt, dürfte er die Hochwassergefahr genau dort, wo sie besonders hoch ist, spürbar vermindern. Auch wenn es durchaus Konflikte mit den Wasserbautätigkeiten des Bibers gibt, der große Nager ist weniger eine Gefahr, sondern vielmehr Partner und Gefährte für uns.
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