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Lovis Kauertz

Baujagd im Landesjagdgesetz Rheinland-Pfalz - offener Brief an Umweltministerin Katrin Eder

Hören | Grüne Staatsministerin macht den Tierschutz zum Spielball politischer Verhandlungen


Sehr geehrte Frau Staatsministerin,

 

wir möchten daran erinnern, dass der Jagdgesetzentwurf Ihres Hauses eigenen Aussagen zufolge den Tierschutz stärken sollte. Deshalb wurden auch tierschutzwidrige Jagdpraktiken wie die Baujagd am Naturbau im Entwurf zur Novelle untersagt. Im Rahmen der Verbändebeteiligung wurde dieses Anliegen deutlich und mehrfach in Stellungnahmen angesprochen, unter anderem auch vom Deutschen Tierschutzbund.

 

Es ist weder nachvollziehbar noch vermittelbar, wie unter Ihrer Verantwortung der Tierschutz – hier konkret die Baujagd bei Füchsen und Dachsen – als Spielball Ihrer politischen Verhandlung mit einer starken, von Eigeninteresse geprägten Jagdlobby missbraucht wird. Sollte dem so sein, dass Sie die Baujagd nicht wie im vorliegenden Novellierungstext zum Landesjagdgesetz verbieten, unterminieren Sie damit nicht nur den Koalitionsvertrag der Landesregierung Rheinland-Pfalz („Tierschutz hat in Rheinland-Pfalz eine herausragende Bedeutung und daher einen festen Platz in der rheinland-pfälzischen Landesverfassung“), sondern Sie fügen Ihrer Partei bundesweit einen weiteren erheblichen Imageverlust und Schaden zu.

 

Im Entwurf der Jagdgesetznovellierung vom 23. Juni 2023 begründet die Landesregierung das seinerzeit geplante Verbot der Baujagd im Naturbau wie folgt:

 

„Insbesondere beim Dachs kommt es aufgrund seiner Standfestigkeit im Bau in der Regel zu Beißereien zwischen dem Wildtier und dem Hund, was mit erheblichen Verletzungen beider enden kann. Im Gegensatz zum Dachs, verlässt der Fuchs in aller Regel den Bau und ein Aufeinandertreffen zwischen Hund und Wildtier kann vermieden werden.“

 

Und:

 

„In der Praxis kommt es darüber hinaus vor, dass die Naturbauten abgegraben werden müssen, um die Hunde aus dem Untertagesystem zu befreien. Dieser Eingriff, aber auch der emotionale Verlust des Hundebesitzers im Falle, dass der Jagdhund tot geborgen wird, steht in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen der Jagd auf diese Baubewohner.“

 

Aus eben diesen Gründen hat Baden-Württemberg die Baujagd bereits mit der Einführung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes vor zehn Jahren verboten. In der Schweiz ist die Baujagd aus Gründen des Tierschutzes inzwischen in fünf Kantonen verboten oder erheblich eingeschränkt. In Luxemburg haben Füchse seit bald zehn Jahren ganzjährige Schonzeit.

 

Die Baujagd ist weder tierschutzkonform noch weidgerecht. Ausführlich berichten wir gemeinsam mit dem Deutschen Tierschutzbund und weiteren Verbänden darüber in unserem „Infodienst Wildtiere“, Ausgabe 02/2024. [1] Etlichen Berichten zur Baujagd ist zu entnehmen, dass sich Bauhunde (auch) mit Füchsen häufig verbeißen, auf beiden Seiten mitunter erhebliche Verletzungen verursacht werden und Hunde den Füchsen so lange an die Drossel gehen, bis sie ihn meinen getötet zu haben, was mitunter sehr lange dauern kann. [2]  Als besonders riskant für Leib und Leben des Bauhundes wird in den Jagdmedien die Bejagung des Dachses am Bau beschrieben. Dachse ergreifen bei der Baujagd in der Regel nicht die Flucht vor dem Jagdhund, sondern liefern sich heftige Kämpfe mit ihm. Um das Leben des Hundes zu retten, enden Dachsbaujagden oft mit Graben, Dachszange und Kleinkaliber-Schuss in den Kopf inkl. der Zerstörung des Baus.[3]

 

Gemäß § 1 Abs. 3 BJagdG gelten bei der Ausübung der Jagd die „allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit“. Diese umfassen ausdrücklich auch den Tierschutzaspekt und die Einstellung des Jägers zum Tier als Mitgeschöpf, dem vermeidbare Schmerzen – und damit u.a. auch das durch die Konfrontation mit dem Bauhund im Fuchsbau unter Umständen länger andauernde Leid – zu ersparen sind.

 

Die Baujagd ist im Rahmen der Jagd eine völlig ineffiziente, aber extrem tierquälerische Randerscheinung. Das veranschaulicht allein die Zahl der als Fallwild (z.B. aus Verkehrsunfällen) erfassten Rotfüchse, die etwa drei- bis fünfmal so hoch ist, wie die im Rahmen der Baujagd getöteten Füchse. Ein ökologisch nachhaltiger Nutzen der Baujagd kann durch Ihr Ministerium nicht einmal belastbar belegt werden.

 

Wir möchten Sie bitten, unsere hier und in der verlinkten Literatur aufgeführten Argumente nochmals zu prüfen und die nicht weidgerechte Baujagd im Rahmen der Novellierung des Landesjagdgesetzes Rheinland-Pfalz zu verbieten.

Mit freundlichen Grüßen

Wildtierschutz Deutschland

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Lesen Sie auch:

Fuchsjagd im Jagdgesetz Rheinland-Pfalz: Offener Brief an Umweltministerin Eder (26.09.2023)


[1] bmt, DJGT, DTschB, WTSD: Infodienst Wildtiere, Ausgabe 02/2024 (Baujagd), https://www.wildtierschutz-deutschland.de/_files/ugd/173a38_a8ff60a14c8f4c0897f9827f7f52efcf.pdf?index=true 

[2] z.B. Schmook, „Der Fuchs – Wie er lebt, jagt und gejagt wird“, S. 113. oder Meyer, M. „Sicher zur Beute“ in Niedersächsischer Jäger – 24/2017, S. 19 ff. oder PIRSCH, Unfallort Bau, 03.12.2018: https://www.pirsch.de/news/unfallort-bau-33014

[3] Sascha Numssen „Der Dachs in Deutschland …“ in PIRSCH 04.05.2022 https://www.pirsch.de/jagdwissen/wildbiologie/der-dachs-deutschland-biologie-verhalten-und-jagd-35871

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